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Deutsche Welle - Monitor Ost- / Südosteuropa 26. Mai 2004 Nr. 100:

"Nach Kooperation mit Polen, der Slowakei, Tschechien, Ungarn und Estland findet die renommierte Europäische Wirtschaftshochschule Berlin
jetzt Kooperationspartner in Rumänien"


Bonn, DW-RADIO, Ernst Meinhardt

Sie gehört zu den angesehensten privaten Wirtschaftshochschulen Europas, hat allerdings einen Namen, der schwerfälliger kaum sein könnte. Die ESCP-EAP ist 1999 aus der Fusion der "Ecole Superieure de Commerce de Paris" und der "Ecole Superieure aux Affaires de Paris" hervorgegangen. Beide Hochschulen hingen einst von der Pariser Industrie- und Handelskammer ab. Weil der Name ESCP-EAP nicht nur sperrig ist, sondern dem Außenstehenden auch wenig sagt, nennt sich die Hochschule in ihrem Untertitel deutsch "Europäische Wirtschaftshochschule", englisch "European School of Management". Der große Vorteil der ESCP-EAP ist ihre internationale Ausrichtung. Sie bildet ihre Studenten in Paris, London, Madrid und Berlin aus. Wegen der geographischen Nähe bietet Berlin seit Jahren einen speziellen Studiengang für Osteuropäer an. Mit Hochschulen in Polen, der Slowakei, Tschechien, Ungarn und Estland wird bereits kooperiert. Nun soll ein sechster Kooperationspartner in Rumänien dazukommen.

Es kommt nicht oft vor, dass ein Deutscher viele Jahre nach seiner Auswanderung einen Brief erhält, in dem ihn ein Minister bittet, er möge seinem Herkunftsland helfen. Johann Schöpf gehört zu diesen wenigen Ausnahmen. Vor fünfundzwanzig Jahren ist der Rumäniendeutsche aus seiner Heimat, Siebenbürgen (rumänisch: Transilvania), ausgereist. Seit sieben Jahren steht er als Vorsitzender an der Spitze der Siebenbürger Sachsen in Berlin und den neuen Bundesländern. Im März fand Schöpf in seinem Faxgerät ein Schreibe??=???n von Vasile Puscas. In dem Brief bittet der Chefunterhändler für den Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union darum, dass Schöpf mit Professor Jürgen Weitkamp, dem Osteuropa-Koordinator der Europäischen Wirtschaftshochschule Berlin, nach Klausenburg (rumän.: Cluj-Napoca - MD) kommt, um eine Kooperation zwischen den zwei Hochschulen zu vereinbaren. Sechs Wochen später fliegen die beiden nach Rumänien. An der Universität Klausenburg verlaufen die Gespräche so gut, dass schon vom nächsten Jahr an, also von 2005 an, die ersten Rumänen mit ihrem Wirtschaftsstudium beginnen könnten. Dass alles so flott geht, dafür gibt es nach den Worten von Jürgen Weitkamp eine ganze Reihe von Gründen.

"Erstens hat Klausenburg einen sehr guten Ruf. Dazu kommt, dass Klausenburg in Siebenbürgen eben noch teilweise deutsch geprägt ist, so dass Sie dort sehr viele Interessenten finden, die gerne einen Studiengang in deutscher Sprache und vor allen Dingen in Deutschland absolvieren würden. Manchmal ist man überrascht, dass man in der Gaststätte sitzt und auf einmal glaubt, es sitzen nur Deutsche um einen herum. Dabei sind es in Wirklichkeit Siebenbürger Sachsen oder Leute, die zur deutschen Schule gegangen sind. Die deutsche Schule wird sehr hoch angesehen dort. Wer auf Karriere später Wert legt, schickt seine Kinder sehr häufig in die deutsche Schule."

Das multi-ethnische Klausenburg gehört mit seinen über 330 000 Einwohnern zu den fünf größten Städten Rumäniens. An der Klausenburger Universität sind über 40 000 Studenten immatrikuliert. Fünfzehn Fakultäten bieten Studiengänge in rumänischer und ungarischer Sprache an, neun haben Studiengänge in rumänischer und deutscher Sprache, darunter die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät.

Nach den Gesprächen, die Schöpf und Weitkamp in Klausenburg führten, wollen die beiden Hochschulen im sogenannten "MBA-Programm" kooperieren. Die englische Abkürzung "MBA" steht für "Master of Business Administration". Dies ist ein Postgraduierten-Abschluss, bei dem die Berliner Europäische Wirtschaftshochschule bereits seit Jahren erfolgreich mit den Universitäten Posen (polnisch: Poznan), Bratislava, Prag, Budapest und Tartu/Estland zusammenarbeitet.

Das MBA-Studium richtet sich an Leute, die n i c h t Wirtschaft studiert haben, die aber mittlerweile in ihrem Unternehmen in eine Position gekommen sind, für die sie eigentlich wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse bräuchten.

Voraussetzung für ein MBA-Studium sind ein abgeschlossenes Hochschulstudium in einem beliebigen Fach und zwei bis drei Jahre Tätigkeit in der Wirtschaft. Darüber hinaus sind ausreichende Deutschkenntnisse erforderlich. Das MBA-Studium dauert zwei Jahre. Das erste Jahr ist ein Teilzeitstudium an der Heimatuniversität, beispielsweise in Posen. Das heißt, die Leute behalten ihren Beruf bei und studieren am Wochenende oder in Wochenblöcken. Wenn sie das erste Jahr erfolgreich abschließen, kommen sie im zweiten Jahr nach Berlin. Hier absolvieren sie ein fünfmonatiges Praktikum in der Wirtschaft, das bezahlt wird. Daran schließen sich fünf Monate Studium an der Europäischen Wirtschaftshochschule Berlin an.

Zur Zeit studieren 70 Studenten im Berliner MBA-Programm. Sehr viel mehr sollen es nach den Worten von Jürgen Weitkamp auch dann nicht werden, wenn die Rumänen dazukommen. Billig ist das Studium für die Osteuropäer nicht.

"Die Studiengebühren liegen bei 2500 Euro Jahresgebühr, wobei ich dazusagen muss, dass wir auch 20 Stipendien a 7000 Euro von der Hertie-Stiftung zur Verfügung haben, und dass das fünfmonatige Praktikum bezahlt wird. Andererseits gibt es auch viele Leute, denen ihr Unternehmen sagt: Wir bezahlen dir das zweite Jahr in Berlin, weil wir an deiner Weiterqualifikation Interesse haben."

Wie der Osteuropa-Koordinator der Europäischen Wirtschaftshochschule sagt, haben die bisherigen Erfahrungen mit den Studenten aus Polen, der Slowakei, Tschechien, Ungarn und Estland eines klar gezeigt:

"Es ist noch keiner abgelehnt worden oder hat abgebrochen, weil er es finanziell nicht tragen konnte."

Vor anderthalb Jahren haben Johann Schöpf und Jürgen Weitkamp schon mal mit möglichen rumänischen Kooperationspartnern verhandelt. Diese Gespräche mit der Wirtschaftshochschule Bukarest und der Universität Hermannstadt (rumänisch: Sibiu) sind aber im Sande verlaufen. Dass sich das jetzt wiederholen könnte, kann sich Johann Schöpf nicht vorstellen.

"Also, Klausenburg hebt sich da wirklich in hervorragender Weise von Bukarest, sogar von Hermannstadt, das ja meine nähere Heimat ist, ab. Die Offenheit, die Freundlichkeit, die Herzlichkeit aller Beteiligten an diesen Gesprächen war überragend, nahezu überwältigend. Man hatte das Gefühl, dass Klausenburg eine sehr weltoffene Stadt ist, sehr viele junge Leute. Wichtig für mich ist, weil ich aus den Sozialwissenschaften komme, das Verhalten der Menschen. Es ist sehr deutlich zu spüren die Lockerheit der Menschen. Man sieht keinen Unterschied mehr zum sogenannten Westen. Eine so offene und herzliche Atmosphäre hätte ich mir gar nicht vorstellen können." (fp)